Die Van-Westendorp-Methode: ungestützte Preis-Analyse
Appinio Research · 18.10.2022 · 9min Lesezeit
Inhalt
Einleitung
Den optimalen Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu finden, ist eine große Herausforderung für Unternehmen. Wie hoch darf der Preis maximal sein, damit überhaupt jemand das Produkt kauft? Und wie günstig darf es sein, damit Verbraucher es nicht für minderwertig halten und eine niedrige Qualität befürchten? Manchmal ist eine erste Preisanalyse bereits Teil eines Konzepttests.
Die Marktforschung bietet einige Methoden für Preisanalysen, um Unternehmen bei der Festlegung des Preises für ein Produkt zu unterstützen. Eine davon ist die sogenannte Van-Westendorp-Preisanalyse, auch bekannt als Van Westendorp Price Sensitivity Meter. Dabei beantworten Verbraucher vier Fragen zu ihren Preisvorstellungen und aus ihren Antworten können Preisbereitschaft und Preissensibilität für Waren berechnet werden. Wie genau das funktioniert, wird hier genau erklärt.
1. Was ist die Van-Westendorp-Methode?
Eine Van-Westendorp-Preisanalyse wird durchgeführt, um die Preisbereitschaft und die Preissensitivität von Verbrauchern zu ermitteln. Wie viel Geld würde ein Konsument für ein bestimmtes Produkt höchstens bezahlen? Und wie viel höher darf der Preis sein, damit das Produkt immer noch gekauft wird?
Diese Fragen lassen sich mit der Van-Westendorp-Analyse beantworten. Der Niederländer Peter van-Westendorp hat die Methode 1976 entwickelt. Sie wird auch «Preismeter» oder «Price Sensitivity Meter» genannt und besteht im Wesentlichen aus nur vier Fragen, die in einen Marktforschungs-Fragebogen eingebunden werden können.
Unsere Research Experten antworten: Welche Effekte hat ein starkes Markenimage?
Ein starkes Markenimage fördert Vertrauen und Glaubwürdigkeit, ermöglicht Premiumpreise, stärkere Kundenbindung und Widerstandsfähigkeit gegenüber Marktschwankungen. Im Gegensatz dazu kann ein schlechtes oder neutrales Image zu Umsatzeinbußen, negativer Mundpropaganda und vermindertem Kundenvertrauen führen.
2. Fragebogen für eine Preisanalyse
Um die Grenzen dieses Preisbereichs zu ermitteln, werden vier Fragen gestellt:
- Zu welchem Preis wäre das Produkt oder die Dienstleistung zu teuer, sodass Du es auf keinen Fall kaufen würdest?
Zu welchem Preis würdest Du das Produkt zwar als teuer bezeichnen, würdest es aber vielleicht trotzdem kaufen?
Zu welchem Preis wäre das Produkt günstig, also ein gutes Angebot?
Zu welchem Preis wäre das Produkt zu günstig, sodass Du die Qualität anzweifelst und es nicht kaufst?
Sie haben Fragen zur Erstellung des Fragebogens? Unsere Consultants helfen gerne.
Live-Chat starten3. Auswertung und Darstellung der Van-Westendorp-Methode
Die Auswertung einer Van-Westendorp-Preisanalyse ist ganz simpel: Die Antworten der Umfrageteilnehmer werden einfach in einem Schaubild abgetragen. Auf der X-Achse stehen die Preise, auf der Y-Achse wird abgetragen, wie viel Prozent der Verbraucher den jeweiligen Preis genannt haben, also die kumulierte Häufigkeit.
Zuvor müssen jedoch die Werte zweier Kurven umgekehrt werden. Die Kurven mit den Werten "günstig" und "teuer" werden mit inversen Werten gezeichnet. Es entstehen zwei Kurven, die anzeigen, welche Preise wie viele Verbraucher als "nicht günstig" und "nicht teuer" erachten.
So entstehen vier verschiedene Kurven. Die Punkte, an denen sich diese Kurven schneiden, stellen das eigentliche Ergebnis der Van-Westendorp-Preisanalyse dar. Doch wie ermittelt man nun den Preis, den ein Produkt haben sollte, damit genügend Verbraucher es kaufen?
Schritt 1 der Preisanalyse: Preis ermitteln
Um den Preis für ein Produkt festzulegen, schaut man sich besonders einen Schnittpunkt an: Den Punkt, an dem sich die Kurven "zu teuer" und "zu günstig" schneiden. Diesen Punkt nennt man auch "Optimal Price Point" (OPP), also den Punkt des optimalen Preises.
An diesem Schnittpunkt halten genau gleich viele Befragte den Preis für zu teuer oder zu günstig. Der Kaufwiderstand ist hier am geringsten, denn die wenigsten Personen haben gesagt, sie würden das Produkt zu diesem Preis nicht kaufen, weil es zu günstig oder zu teuer ist.
Der Punkt, an dem sich die Kurven «nicht teuer» und «nicht günstig» schneiden, nennt sich "Indifference Point" (IDP). An diesem Punkt finden genau gleich viele Personen den Preis teuer bzw. günstig. Hier ist das Image des Preises am ausgeglichensten.
Schritt 2: Preisspanne ermitteln
Zudem kann mit einer Van-Westendorp Methode auch die akzeptable Preisspanne für ein Produkt ermittelt werden.
Die obere Preisgrenze befindet sich am Schnittpunkt zwischen den Kurven "nicht teuer" und "zu teuer". Der Punkt wird auch Schwelle zur relativen Teure ("Point of Marginal Expensiveness") genannt. Wird ein Produkt teurer als der Preis an der Stelle des Schnittpunktes, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass Konsumenten den Preis akzeptieren und das Produkt kaufen. Die Folge sind niedrigere Verkaufszahlen und möglicherweise Imageverluste durch zu teure Preise.
Die untere Preisgrenze hingegen befindet sich am Schnittpunkt der Kurven "nicht günstig" und "zu günstig". Hier empfinden genau gleich viele Befragte den Preis entweder als Schnäppchen, oder aber sie halten das Produkt für zu billig und befürchten eine schlechte Qualität.
Es handelt sich um die Schwelle relativer Preiswürdigkeit ("Point of Marginal Cheapness"). Günstiger als dieser Preis sollte ein Produkt nicht werden, das würde das Image des Produkts oder der Marke beschädigen, da das Produkt unglaubwürdig billig rüberkommt.
Zwischen oberer und unterer Preisgrenze befindet sich die Preisspanne. In dieser Spanne sollte sich der Preis eines Produkts oder einer Dienstleistung befinden, sodass er von Konsumenten akzeptiert wird.
Im Appinio Dashboard finden sie Beispiele für die Darstellung der Van-Westendorp-Methode.
4. Vor- und Nachteile der Van-Westendorp Methode
Eine Van-Westendorp-Preisanalyse eignet sich vor allem für neue Produkte oder Dienstleistungen, die innovativ sind und die es so vielleicht so nicht gibt. Denn hier lassen sich nicht einfach Preise mit Konkurrenzprodukten vergleichen und ermitteln. Die Van-Westendorp-Analyse gibt einen ersten Hinweis auf mögliche Preise. Außerdem bietet sie noch einige weitere Vorteile:
- Die Durchführung ist einfach. Umfrageteilnehmer müssen lediglich vier kurze Fragen zu ihren Preisvorstellungen beantworten.
- Ebenso einfach ist die Auswertung - eine Excel-Tabelle mit den Antworten der Konsumenten reicht aus, um die Diagramme zu erstellen und Schnittpunkte zu ermitteln.
- Die Darstellung der Ergebnisse in Form von Diagrammen ist ebenfalls einfach und gut verständlich, dadurch wird die Ergebniskommunikation einer Marktforschungsstudie erleichtert.
Trotz aller Vorteile hat die Van-Westendorp-Analyse auch einen Nachteil. Die Eigenschaften eines Produkts werden nicht berücksichtigt. Es wird nur die Zahlungsbereitschaft für ein Produkt abgefragt, dessen genaue Eigenschaften die Befragten nicht kennen. Da Konsumgüter immer komplexer werden, ist dies ein potenzieller Nachteil, denn die Merkmale eines Produkts beeinflussen die Zahlungsbereitschaft von Konsumenten.
Die Van-Westendorp-Analyse gibt einen ersten Eindruck der Zahlungsbereitschaft und Preissensibilität von Konsumenten und kann parallel zu anderen Preisbestimmungsmethoden wie beispielsweise der Gabor-Granger Methode durchgeführt werden.
Fazit zur Van-Westendorp Methode
Eine Preisanalyse ist in jedem Fall wichtig, ganz gleich für welche der Methoden man sich entscheidet. Die Van-Westendorp Methode bietet sich aber vor allem dann an, wenn ein neues Produkt auf den Markt gebracht werden, für das es bisher noch keinen direkten Konkurrenzmarkt gibt. So kann bereits vor dem Launch eine Preisbereitschaft bei der entsprechenden Zielgruppe abgefragt werden. Weiterhin ist die Van-Westendorp Preisanalyse denkbar einfach. Mit lediglich vier Fragen kommt man zu einer aussagekräftigen Analyse und kann eine geeignete Preisspanne für das Produkt ermitteln. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch: Da in der Analyse die Produkteigenschaften nicht explizit abgefragt werden, kann es zu einigen Abweichungen kommen. Dem kann allerdings durch etwas ausführlichere Beschreibungen oder einer weiteren Analyse schnell und simpel entgegengewirkt werden.
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